Das Muss und das Müssen

„Griechenland muss alleine klar kommen – auch der Papst muss sich entschuldigen – die Bahn muss pünktlicher werden – die USA muss Guantanamo schließen – die Schweiz muss das Bankgeheimnis lüften – Israel muss zwei Staaten zulassen. Ständig Nachrichten wer was muss oder müsste. Wenn sich die Betroffenen dem Druck endlich beugen, lehnt man sich zurück und murmelt „na endlich“ und bleibt wie man ist und auch die Welt bleibt wie sie ist, ist keinen Millimeter besser geworden. Anders, wenn Freiheit ins Spiel kommt. Sie steckt an, ändert die Zuschauenden und setzt geistige Substanz frei.
Willy Brandt musste in Polen nicht auf die Knie gehen, Gorbatschow musste nicht die Perestroika erfinden und Alnatura musste nicht den Milchpreis erhöhen, …“ (aus der Einladung zum dritten Wirtschaftsforum am Goetheanum 2010)

Morgen muß ich wieder zur Arbeit.

Muß ich heute in die Schule?

Du musst noch deine Hausaufgaben machen.

Ich muß heute länger im Büro bleiben…

Eigentlich müsste man…

Und jetzt wird hier die Frage nach der Freiheit gestellt und die Frage danach, ob das sich Fügen, das Nachgeben, das sich dem Muß Beugen uns,unser Leben oder unsere Umgebung bereichert, erfüllt, belebt?
Ist es nicht so, daß wir das Befolgen und Gehorchen mit einem „na endlich“kommentieren und  dann noch still enttäuscht hinzufügen: „Es war ja nicht aus freien Stücken, Er hat es ja nur gemacht, weil er musste.“          Was ist, wenn wir uns und andere nicht „müssen“ sondern lassen.
Und dabei riskieren, daß – aus freien Stücken – Nichts passiert oder Etwas ganz anderes. Bei einem Gespräch hat mir Götz Werner ein erlösendes Wort gesagt: Ich hätte auch gerne immer 100% Engagement usw. aber heute freue ich mich auch schon über 80%. Denn es könnte ja auch nur 70 % sein. 
Gestern war der Künstler Dominique Rebourgeon zu Gast im Schloß.
Er erzählte aus seiner Schulzeit in einem Dorf in Frankreich.
An seinem ersten Schultag hat es geregnet und der kleine Dominique ist nicht zur Schule gegangen. Seine Eltern haben ihn gelassen. Am nächsten Tag hat de 5jährige entschieden: Die Lehrerin soll mich zu hause abholen. Und so kam es dann auch. Nach einer Woche kam die Lehrerin und die beiden gingen Hand in Hand in die Schule. „Das war sicher einer der schönsten Momente in meinem Leben.“

  • Panitzki sagt:

    ´Schöne´ Zeilen.

    Nicht zuletzt die kleine Geschichte von Dominique Rebourgeon lädt zum Nachdenken ein.

    Dank dafür.

  • Heinz Landmann sagt:

    Bei aller Freiheit, die unabdingbar für die Entwicklung von Individualismus ist, darf sie nicht missbraucht werden, um asoziales, amoralisches oder ein wider die Gesetze der Ethik versto0endes Verhalten zu rechtfertigen.

    Heinz Landmann

  • Helmi Wiesenbach sagt:

    Lieber Matthias,ich finde diese Seite prima und es stand kein MUSS dahinter?Nein,ich denke,Du hast es aus freien Stücken getan.Ich stelle immer wieder fest,dass das Wort MUSS Gewohnheit geworden ist,bewußt oder unbewußt.Wenn mir das Wort MUSS rausrutscht,sage ich zu mir:Helmi,es ist freiwillig.Ich wünsche mir,dass ich das Wort Muss so selten gebrauche,wie das Wort Krieg.

    Helmi Wiesenbach

  • Tim Sonnberger sagt:

    Ist nicht alles freiwillig was man tut? Ob ich in die Schule gehe oder zur Arbeit? Es gibt Schulabbrecher, Studienabbrecher, Menschen die kündigen, ja sogar Menschen die ihr Leben abbrechen. Man „muss“ sich ja nicht alles gefallen lassen

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