Wieviele Sinne hat der Mensch?

Natürlich 5. Nase, Mund, Ohren, Augen und – ja da fängt es schon an – „das Fühlen“, oder die Hände? Die Haut? „Tasten, die taktile Wahrnehmung mit der Haut“ (Wikipedia). Rudolf Steiner beschreibt 12 Sinne, es gibt ein Theater der 13 Sinne und Kurt Schwitters
schreibt: Oh Du Geliebte meiner 27 Sinne, Ich liebe Dir (An Anna Blume 1919). Hugo Kükelhaus (1900 – 1984) kannte den Schwer- und Leichtsinn, den Gegen- und Widersinn, den Eigensinn, den Gefahrsinn, den Heimatsinn (Wann sage ich: Ja jetzt bin ich daheim?
An welcher Autobahnausfahrt, an welchem Ortschild, bei welchem Blick in eine Landschaft sage ich: Ja, jetzt bin ich wieder angekommen?
Oder was ist das, wenn ich eine Musik, eine Meldodie höre und mich sofort erinnere?
Also wieviel Sinn macht das Abzählen und Aufzählen? Gar keinen! Das Schönste dazu habe ich nach einem Hinweis von Hugo Kükelhaus bei Goethe gefunden: Mach ein Organ aus Dir!
Mache ein Organ aus dir und erwarte, was für eine Stelle dir die Menschheit im allgemeinen Leben wohlmeinend zugestehen werde.

Und für Alle, die das im Zusammenhang lesen wollen:
Wilhelm Meister, Lehr und Wanderjahre, 1. Buch, 4. Kapitel:“Wilhelm der indessen nachgedacht hatte, sagte zu Montan: „Solltest du wirklich zu der Überzeugung gegriffen haben, dass sämtlichen Tätigkeiten wie in der Ausübung, so auch im Unterricht zu sondern seien?“ – „Ich weiß mir nichts anderes noch Besseres“, erwiderte jener. „Was der Mensch leisten soll, muss sich als ein zweites Selbst von ihm ablösen, und wie könnte das möglich sein, wäre sein erstes Selbst nicht ganz davon durchdrungen?“ – „Man hat aber doch eine vielseitige Bildung für vorteilhaft und notwendig gehalten.“ – „Sie kann es auch sein zu ihrer Zeit“, versetzte jener; „Vielseitigkeit bereitet eigentlich nur das Element vor, worin der Einseitige wirken kann, dem eben jetzt genug Raum gegeben ist. Ja, es ist jetzo die Zeit der Einseitigkeiten; wohl dem, der es begreift, für sich und andere in diesem Sinn wirkt! Bei gewissen Dingen versteht sich’s durchaus und sogleich. Übe dich zum tüchtigen Violinisten und sei versichert, der Kapellmeister wird dir deinen Platz im Orchester mit Gunst anweisen. Mache ein Organ aus dir und erwarte, was für eine Stelle dir die Menschheit im allgemeinen Leben wohlmeinend zugestehen werde. Lass uns abbrechen! Wer es nicht glauben will, der gehe seinen Weg, auch der gelingt zuweilen; ich aber sage: Von unten hinauf zu dienen, ist überall nötig. Sich auf ein Handwerk zu beschränken, ist das Beste. Für den geringsten Kopf wird es immer ein Handwerk, für den besseren eine Kunst sein, und der beste, wenn er eins tut, tut er alles, oder, um weniger paradox zu sein, in dem einen, was er recht tut, sieht er das Gleichnis von allem, was recht getan wird.“

  • Iris sagt:

    Den Ausschnitt aus Wilhelm Meister, Lehr- und Wanderjahre gefällt mir sehr!
    Die letzten Wochen habe ich mich intensiver mit der Bhagavad Gita (=Gespräch der Gottinkarnation Krishna mit dem Krieger Arjuna) beschäftigt und genau das gleiche steht auch hier:

    Vers XVIII, 47: Besser ist es, die eigene Pflicht unvollkommen als die Pflicht eines anderen gut zu erfüllen.
    Wer die Handlung vollzieht, die die Natur ihm auferlegt hat, lädt keine Schuld auf sich.

    Wir sollen der eigenen Natur folgen, im Sanskrit „Prakriti“ genannt. Wenn wir unsere Natur erkennen, finden wir heraus, was Krishna „Swadharma“ nennt: die eigene
    Pflicht!

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