Die Kunst des Erkennens

In einer Einladung zur Akademie für Weltkultur fand ich diesen Hinweis, der mir so manches neue Rätsel aufgibt: Gottfried Edel, der umtrtiebige und geduldige Akademieleiter schreibt: Liebe Freunde, sündigte Adam damit, daß er – wissbegierig – vom Baum der Erkenntnis aß und sündigte er nicht viel mehr dadurch, daß er nicht auch Früchte vom Baum des Lebens pflückte? Denn beide Bäume standen mitten im Paradiesgarten und waren – möglicherweise -leicht zu verwechseln. Als Gott den Täter und seine Gefährtin Eva – verbotene Erkenntnis (Gen 2,17 ) sühnend, gebotenes Leben )Joh 12,50) versagend – des Gartens verwies, gab er beiden je einen Tríeb eines der beiden Bäume „zur Erinnerung“ mit auf den Weg: Adam einen Trieb vom Baum der Erkenntnis, Eva entsprechend einen Trieb vom Baum des Lebens. Eva pflegte den schößling, bis er zur Größe eines lebendig blühenden Busches heranwuchs – in der vergeblichen Hoffnung auf früchte. Adam erzielte – mangels hegender Sorgfalt – mit seinem Sproß nur ein unansehliches Erkenntisgestrüpp, das immer auch dann, wenn es mit Pfröpflingen der Kunst oder Religion veredelt, mit leuchtenden Ideenkugeln verziert worden war, über klägliche Wirkung nicht hinauskam. Da kam ihnen das Erinnern des verlorenen Gartens zur Hilfe: darin – „inmitten“ und zum Verwechseln ähnlich – die beiden Bäume des Lebens und der Erkenntnis . Lag das Geheimnis ihres Gedeihens nicht in ihrem untrennbaren Zusammensein? (…) Langsam wächst das Wissen darum, daß Erkenntis nicht durch Theorien, daß sie statt dessen im Erfahren der Wahrheit des Lebens errungen werde, daß Leben sich nicht in Gewinn und Erfolg, vielmehr im Erkennen des Wirklichen erfüllt.

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