Helau, Alaaf, Narri Narro, Karneval und Fastnacht

Dank der Beatrice war ich gestern beim Rosenmontagszug in Mainz.
Und das war eine wunderbare Gelegenheit über Karneval, Fas(t)nacht nachzudenken. Ich habe dann mitten in „Helau“, „Narri Narro“ gerufen und damit
sowohl die Gardisten und Tänzerinnen irritiert als auch die Zuschauerinnen und Zuschauer. Ich habe dann diese Quellen gefunden und hier zeigt sich, daß
Narri die eine Seite des Verkleideten, Bemalten usw. bezeichnet und Narro genau die andere Seite. Dazu kommt noch, daß mein Freund Philipp Baumgarten in
Detmold gerade den Tod spielt (Jedermann) und seine Figur auch die beiden Seiten Narri, Narro zeigt. Und hier, für alle Interessierten die Quellen:

“Zu den größten Sünden des Kenntnislosen zählt es, in “Alaaf”-Regionen, “Helau” zu rufen und umgekehrt. Seit 1733 ist in Köln der Ruf “Kölle Alaaf” nachweisbar, was sich sinngemäß mit “Hoch lebe Köln” übersetzen läßt. Das konkurrierende “Helau” könnte sich von “Hölle auf” ableiten oder im Gegenteil von “Halleluja”, da sind die Fachleute uneins.” Quelle: Süddeutsche Zeitung, 18./19. Februar 2012, Joachim Käpper, Die Freiheit der Narren.

„Fastnacht“, das bereits um 1200 als mhd. „vastnacht“ belegt ist, wird bei diesem Ansatz demnach ganz zweifellos als die Nacht bzw. im weiteren Sinne die sechs Tage vor Beginn der Fastenzeit gedeutet und in die Ordnung des Kirchenjahres eingebettet gesehen, auch wenn häufig durch Wegfall des „t“ aus Fastnacht „Fasnacht“ und schließlich im Dialekt „Fasnet“ oder „Fasent“ daraus geworden ist.

„Die Kirche hat die Fastnacht nämlich weder jemals völlig verboten noch sie irgendwann uneingeschränkt gutgeheißen… Dass die beiden Sphären Fastnacht und Fastenzeit sich gegenseitig bekämpfen mussten, war unter philosophisch-theologischen Gesichtspunkten eine unabdingbare Notwendigkeit… Das führte schließlich so weit, dass manche Prediger das Verhältnis Fastnacht – Fastenzeit sogar analog zu der auf den heiligen Augustinus zurückgehenden Zweistaatenlehre interpretierten, das heißt, die Fastnacht als „civitas diaboli“, als vom Teufel regierte, verkehrte, gottferne Welt auslegten, während die Fastenzeit für sie die „civitas Dei“ repräsentierte, die Gott wohlgefällige Welt des Heils. Im Zuge dieser Diabolisierung der Fastnacht traten deren Akteure dann auch zunehmend als Teufels- und Dämonengestalten auf, bis seit dem Erscheinen des berühmten Buchs „Das Narrenschiff“ von Sebastian Brant 1494 nach und nach die Figur des Narren als Inbegriff menschlicher Unzulänglichkeit zum Hauptrepräsentanten der tollen Tage wurde.“ Fastnachtsforscher Dr. Werner Mezger

„Fastnacht“, „Fasching“ (entstanden aus „vastschanc“ = „Ausschank vor Fastenbeginn“) und „Karneval“ (von lat. „carnelevale“ = „Fleischentzug“ oder eher scherzhaft „carne vale“ = „Fleisch lebe wohl“) haben zwar dieselben Wurzeln und standen zunächst für dieselben Brauchphänomene, doch ab den 20er Jahren des 19. Jahrhunderts etwa erhielt das, was wir heute unter Karneval verstehen, sein eigenes, edleres Gepräge, nachdem das derbe Treiben der Narren vor allem bei der Obrigkeit und den gebildeten Eliten zunehmend in Verruf geraten und um 1800 auf einem Tiefpunkt angelangt war, das Interesse an der Fasnacht jedoch im Zuge der Romantik wieder wuchs (Köln 1823).
Während im rheinischen Karneval ausgelassene, überschäumende Fröhlichkeit das närrische Treiben beherrscht und nebenbei noch vor allem die Politik in ironisch-sarkastischer Weise durch den Kakao gezogen wird, kennt die schwäbisch-alemannische Straßenfasnacht neben der heiteren auch noch eine andere, manchmal sogar „tod“-ernste Seite, bei der der christliche Ursprung der Fasnacht auch heute noch teilweise zum Tragen kommt.

Wer beispielsweise den Hintergrund der Überlinger (Bodensee) Hänselegestalt kennt, den wird es mitunter nicht völlig unberührt lassen, wenn beim „Hänselejuck“ (jucken = alemann. für hüpfen) am Abend des Fasnachtsamstags der Tod, verkörpert durch den Hänsele, gleich tausendfach an ihm vorüberzieht, und er sich dabei eventuell auf den ursprünglichen Sinnzusammenhang zwischen Fastnacht und Aschermittwoch, zwischen Narrheit und Tod, auf das „Memento mori“ („gedenke des Todes“, die insbesondere an Aschermittwoch in der Kirche ausgesprochene Mahnung), d.h. die Vergänglichkeit und Nichtigkeit alles Irdischen besinnt. Hier schwingt also manchmal auch noch so etwas wie Wehmut oder Weltschmerz mit, wenngleich den wenigsten Narren wie auch Zuschauern die enge Verbindung zwischen Maskierung und Tod, die auch in der ursprünglichen Bedeutung der in Süddeutschland häufig anstelle von „Maske“ benutzten Bezeichnungen „Larve“ (von lat. „larva“ = böser Geist, Gespenst, Gerippe) sowie „Scheme“ (= Spukbild, Schatten eines Verstorbenen) deutlich wird, bekannt sein dürfte.

Quelle: Peter Haller, www.narren-spiegel.de

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